Auf das DRK kommen herausfordernde Aufgaben zu …

Es bedarf sicherlich keiner großen prognostischen Gaben, zu erkennen, dass die aktuelle Lage in Osteuropa auch für Deutschland, seine Hilfsorganisationen und hier besonders das DRK als nationale Rotkreuzgesellschaft der Bundesrepublik herausfordernde Aufgaben bringen wird.

Vorausgesetzt, die kriegerischen Aktionen bleiben auf das Territorium der Ukraine beschränkt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Flüchtlingsstrom nach Westen, hier also insbesondere nach Polen, in geringerem Maße aber auch nach Rumänien, Ungarn und die Slowakei ausgelöst werden wird. In den Minuten, in denen ich dies schreibe, kommen überdies Meldungen herein über einen für die ukrainische Hauptstadt Kiew ausgelösten Luftalarm. Luftangriffe auf eine solch‘ große Stadt werden viele Tote, Verletzte und Verwundete nach sich ziehen.

Update 24.02., 18:00 Uhr: soeben berichtet das Polnische Rote Kreuz PCK über seine Mitarbeit beim Aufbau von Aufnahmeeinrichtungen für ukrainische Flüchtlinge überall in Polen.

Was bedeutet dies? Flüchtlinge, die sich in großer Zahl auf den Weg nach Westen machen, werden die soziale Infrastruktur der Aufnahmeländer sehr rasch in hohem Maße beanspruchen. Verletzte und Verwundete in großer Zahl werden nicht nur in ihrem Heimatland versorgt werden können, sondern auch hier wird die Notwendigkeit bestehen, diese Patienten in Nachbarländern zu versorgen.

Es ist daher zu erwarten, dass die der Ukraine benachbarten Aufnahmeländer nach kurzer Zeit entweder auf staatlicher Ebene (EU-Gemeinschaftsverfahren, NATO-Unterstützung) oder auch auf Ebene des Roten Kreuzes (nationale Rotkreuzgesellschaften, IKRK) um Hilfe bitten werden. Egal auf welchem Wege dann die Anforderung kommt: das DRK wird in diesem Fall entweder als „Hilfsgesellschaft der deutschen Behörden im humanitären Bereich“ oder auch nach dem Rotkreuzgrundsatz der Universalität in die Hilfe für die betroffenen Menschen eingebunden sein. Wir sollten uns daher darauf einstellen, mit deutschen Rotkreuzkräften unsere polnischen, ungarischen oder slowakischen Kamerad:innen in absehbarer Zeit bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Nicht zuletzt ist hier neben der Betreuung und dem Sanitätswesen auch an die Aufgaben des weltweiten Suchdienst-Netzwerks zu denken.

Ich gehe im Moment noch davon aus, dass die Vernunft auf allen Seiten noch dazu genutzt werden kann, einen „Export“ des Krieges, den Russland derzeit in der Ukraine führt, auf NATO-Gebiet z.B in Polen, Litauen oder den anderen baltischen Staaten zu verhindern. Realistischerweise darf dieser Aspekt jedoch nicht ausgeklammert werden: eine solche Ausweitung könnte NATO-Beistandsverpflichtungen auslösen, und damit könnte auch Deutschland Kriegspartei werden. In diesem Falle hätte das DRK die Aufgaben zu erfüllen, die der nationalen Rotkreuzgesellschaft einer Kriegspartei nach den Genfer Abkommen zukommen (darunter nicht zuletzt die Unterstützung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr), zusätzlich noch zu den Aufgaben als Zivilschutzverband gemäß dem I. Zusatzprotokoll. Auch die Aktivierung des Amtlichen Auskunftsbüros sowohl für Kriegsgefangene (III. GA) als auch für Zivilpersonen (IV. GA) wäre dann zu erfüllen.

Es ist sicherlich jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, Schwarzmalerei zu betreiben. Allerdings sollten wir auch nicht den Kopf in den Sand stecken: sich prophylaktisch gedanklich die Aufgaben vor Augen zu führen, die bei ungünstiger Lageentwicklung in den kommenden Tagen und Wochen auf uns zukommen können, hilft, den Blick zu schärfen für dann tatsächlich eintretende Geschehnisse und sich auf deren Bewältigung vorzubereiten.

Wir sind aufgerufen, uns im Sinne Dunants bereit zu halten, um unsere Aufgaben der Menschlichkeit neutral und unparteilich erfüllen zu können!

Dieser Beitrag wurde unter DRK, politisches veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.