Ich weiß, Vince Ebert ist nicht jedermanns Sache – aber was er hier gesagt hat, kann ich nur voll unterschreiben. Ich selbst bin ein Kind der 50-er, und ich muss feststellen: ich habe in meiner Kindheit, Jugend und als junger Erwachsener noch nicht einmal bemerkt, dass ein/e Gegenüber eine andere sexuelle Orientierung hatte, solange mich niemand darauf aufmerksam machte. Ok, andere Hautfarbe fiel schon auf, aber das wurde auch einfach so zur Kenntnis genommen. In dem von meinem Vater geleiteten Kirchenchor sangen (und feierten!) Frauen und Männer mit, die man landläufig als “Gastarbeiter“ bezeichnet hat, und zur Meßdienergruppe, der ich angehörte, gehörten Jungs (Meßdienerinnen gab es damals noch nicht) mit spanischer Herkunft und deren Eltern Arbeitsmigranten waren.
Lag es vielleicht an der Sozialisation in einer kleinen katholischen Diasporagemeinde, die selbst eine Minderheit in einem protestantischen (sogar evangelisch-reformierten, was man damals als “strafverschärfend“ ansehen konnte) Milieu war? Ich weiß es nicht!
Nun aber der Text von Vince Ebert:
„Wir leben in einer unfassbar verklemmten, spießigen Biedermeierzeit. Jeder Halbsatz wird moralisch aufgeladen, jeder hat Angst, irgendetwas zu sagen, was irgendjemanden irgendwie beleidigen könnte. Weil wir besessen von Unterschieden sind.
Ich bin ein Kind der Achtziger. Uns hat es null interessiert, dass Freddy Mercury bi war, ob sich Michael Jackson als schwarz oder weiß gesehen hat, oder welches Geschlecht Boy George hatte. Es war nicht wichtig. Die haben geile Musik gemacht. Darum ging es.
Die Crew in der Serie Raumschiff Enterprise bestand aus einer bunten Multikulti-Truppe, die Frauenquote lag deutlich über dem Durchschnitt, und mit Mr. Spock wurde sogar ein Autist in die Geschäftsleitung integriert. Lange bevor es das Wort Diversity und Inclusion gab.
Als ich auf der Bühne angefangen habe, war der beste Rapper weiß, der beste Golfer war schwarz und der deutsche Außenminister war schwul. Und es war kein großes Thema.
Heute drehen die Leute durch, wenn man sie mit einem falschen Pronomen anspricht.
Ständig bläht man die Unterschiede zwischen Hautfarben und sexuellen Orientierungen zu bombastischen Gegensätzen auf und bewirkt damit das genaue Gegenteil von dem, was man eigentlich möchte: Dass wir alle gleich sind. Dass es wurscht ist, wie jemand aussieht, als was er sich identifiziert oder mit wem er Sex hat.
Diese Selbstverständlichkeiten verlieren wir gerade. Weil es nur noch um Äußerlichkeiten, um Unterschiede und um persönliche Empfindlichkeiten geht.
Es nervt. Es nervt kolossal.“